Gedanken zum Jahresende 2020

Mehr Respekt, die Kleinen nicht vergessen und Systemrelevanz

Noch vor einem Jahr hatten wir uns, wie jedes Jahr, gute Gesundheit, viel Glück und erfolgreiche Geschäfte gewünscht. Wohl niemand ahnte damals, dass sich unsere Welt ab Mitte März 2020 in diesem Ausmass verändern würde.

 

Erst in einigen Jahren werden wir wohl realisieren, wie tiefgreifend Corona im Jahr 2020 alle unsere Tätigkeiten und Lebensbereiche beeinflusst hat. 

Ein bisschen mehr Respekt, bitte

Es wurde schon viel, vielleicht alles, zu Corona gesagt und geschrieben. Leider aber häufig in einer Art und Weise, welche jeglichen Respekt vermissen lässt. Ich erhoffe und wünsche mir, dass sich der zunehmend polarisierende, hässige Ton auf den Social Media Kanälen, aber auch zwischen den Politikern, wieder normalisiert. Was sich da teils auf seriösen Plattformen wie LinkedIn abspielt (ganz zu schweigen von Facebook…) ist häufig einfach nur unwürdig und lässt tief blicken, wer oder was sich hinter den tollen Profilen und hochgestochenen Titeln wirklich verbirgt. Das Problem Corona wird aber kaum mit Polarisierung gelöst werden, sondern mit Kompromissbereitschaft und Respekt.


Für alle ist die Corona Situation unangenehm. Wir alle sind uns nicht mehr gewohnt, Regeln zu befolgen und uns einzuschränken. Nicht reisen zu dürfen, in der Ausübung der Geschäftstätigkeiten eingeschränkt zu sein und Abstand zu wahren widerspricht diametral unseren Gepflogenheiten. Aber das ist keine Rechtfertigung, die Ebene des Anstands und des Respekts mit den Mitmenschen zu verlassen. Eine offene Diskussionskultur braucht dieses Land. Vielleicht haben wir es in den fetten Jahren auch etwas verlernt. Aber alle Andersdenkenden oder nicht den eigenen Massstäben entsprechenden einfach zu verunglimpfen, niederzuschreien oder fertig zu machen widerspricht unseren schweizerischen Werten. Dieses Land ist dank Zusammenhalt, Einheit und Toleranz stark geworden. Lassen wir es nicht zu, dass diese wertvollen Eigenschaften verkümmern!


Lasst die Kleinen nicht hängen!

Dass die Massnahmen der (meisten) Regierungen dieser Welt, sei es im gesundheitlichen wie auch im wirtschaftlichen Bereich, bis jetzt noch nicht gerade mit Ruhm glänzten, macht den Umgang mit dem Covid 19 Virus auch nicht einfacher. Wie aber sollen auch die richtigen Massnahmen getroffen werden, wenn es keinerlei Referenzwerte gibt, auf welche man zugreifen könnte? Und wenn alle Informationen mehrheitlich nur auf Modellen, Vermutungen und Planspielen basieren, welche täglich von der Wirklichkeit überholt werden? Ich möchte mit keinem Politiker und keiner Politikerin tauschen, welche in diesen Zeiten in der Verantwortung stehen und eigentlich nur hoffen können, dass die ihnen zugetragenen Expertenmeinungen korrekt sind und die Bevölkerung vernünftig und verantwortungsbewusst agiert. Zwei Dinge, welche auch grossen Interpretationsspielraum bieten, wie uns die letzten Monate bewiesen haben. Denn was heisst schon «vernünftig» oder «verantwortungsbewusst»?

Zumindest können wir versuchen, es uns und unseren Mitmenschen nicht noch schwerer zu machen, als es ohnehin schon ist. Und denen Unterstützung und Hand bieten, welche psychisch, seelisch und wirtschaftlich mit dem Druck nicht mehr klarkommen. In dieser Hinsicht wird die Politik noch massiv gefordert sein und hoffentlich die Entscheide treffen, welche der reichen Schweiz würdig sind. Ich bin guter Hoffnung, dass wir in diesem Land den richtigen Weg finden werden. Vielleicht nicht auf Anhieb, aber mit den gutschweizerischen Eigenschaften Besonnenheit, Kompromissfähigkeit und Durchhaltevermögen. Die Politikerinnen und Politiker, welche diese Fähigkeiten nicht haben, könnten vielleicht ihre Vorgängerinnen und Vorgänger um Rat fragen…


Systemrelevant ist das Wort des Jahres

«Systemrelevant» wurde zum Deutschschweizer Wort des Jahres gewählt. Ein Wort, das stark polarisiert. Denn was ist denn eigentlich systemrelevant? 2008, in der Finanzkrise, waren es die Grossbanken, welche mit Unsummen Geld vor dem Kollaps gerettet wurden. Heute ist ein Bruchteil davon schon zu viel, um Kulturbetriebe, Kleinstunternehmen, die Gastronomie oder Eventbetreiber zu unterstützen. Auch das überlastete Gesundheitspersonal, das in meinen Augen mehr als systemrelevant ist, muss sich weiterhin mit Applaus begnügen. Was leider als Zahlungsmittel immer noch nicht anerkannt ist und darum auf Dauer in unserem Land kein adäquates Mittel zur Problembewältigung sein kann.

Systemrelevant ist meines Erachtens aber auch die kleine Dorfbeiz, wo man sich lokal trifft und welches mit grossem Aufwand seit Jahrzehnten vom gleichen Ehepaar geführt wird. Systemrelevant sind meiner Meinung nach auch die Künstlerin oder der Künstler, welche uns zum Lachen brachten, zu Tränen rührten, zum Mitsingen animierten oder im Zirkus begeisterten. Und systemrelevant sind ebenfalls unzählige Kleinst- und Kleinunternehmen, welche noch bis vor kurzem von der Politik als «das Rückgrat unserer Wirtschaft» gelobt und gepriesen wurden.

Hoffentlich wird sich die Politik an solche und andere Trägerinnen und Träger unserer Gesellschaft besinnen und nicht nur auf kalten, monetären Grundlagen Hilfeleistungen ausschütten. Denn wenn es diesmal (wieder) nur um Geld, Umsatz und Gewinnmargen gehen sollte, wird unser Land und unsere Gesellschaft kälter und härter werden. Wenn nur die «Grossen» überleben dürfen und die Kleinen, Innovativen und Kreativen eingehen, wird die Schweiz ohne Zweifel geistig und kulturell verarmen. Ein Verlust, denn wir nicht riskieren dürfen, uns nicht leisten können und den wir über lange Zeit nicht mehr wettmachen würden.

Es ist übrigens bezeichnend, dass es in den anderen Landesteilen ganz andere Worte an die Spitze im Rennen um das Wort des Jahres geschafft haben. In der Romandie «Coronagraben», im Tessin «Pandemia» und im rätoromanischen Gebiet «Mascrina», was Atem-, Schutz- oder Hygienemaske bedeutet.

 

Mehr Spannendes zum Thema «Wort des Jahres» finden Sie unter diesem Link:
https://www.srf.ch/news/panorama/wahl-von-corona-gepraegt-systemrelevant-ist-das-wort-des-jahres-2020

 

Meine Wünsche für 2021:

Für uns und die Menschheit wünsche ich mir für 2021 ein paar einfache Dinge, welche uns allen das Leben vielleicht etwas leichter machen:

Gelassenheit, bei der Bewältigung dieser speziellen Zeit.

Weisheit, die Dinge anzunehmen und zu akzeptieren, welche sich nicht ändern lassen.

Zuversicht, dass sich die Situation wieder normalisieren wird.

Stärke, alle Herausforderungen zu bewältigen, welche auf uns warten.

Wenn wir alle diese Wünsche noch mit etwas Achtsamkeit gegenüber anderen und uns selbst ergänzen, wird das neue Jahr gut werden!

In diesem Sinne frohe Weihnachten und ein glückliches, gesundes und friedvolles 2021!